ProWELL – Studie: Den gelähmten Partner pflegen – Wie wirkt sich dies auf die Gesundheit aus?
Oftmals leisten Angehörige einen grossen Beitrag zur Unterstützung und Pflege von rückenmarksverletzten Menschen. Bisher ist wenig darüber bekannt, ob diese Pflegeaufgabe eine Bereicherung oder eine gesundheitliche Belastung für die pflegenden Angehörigen darstellt.
Im SwiSCI-Teilprojekte pro-WELL wurden querschnittgelähmten Menschen und ihre Partner gemeinsam zu verschiedenen gesundheitsrelevanten Themen befragt. Nun haben die Forscher die gesundheitlichen Auswirkungen von Pflegetätigkeiten bei den Partnern untersucht [1].
Die Studie wurde auf dem Jahreskongress der internationalen Gesellschaft für Rückenmarksverletzungen ISCoS vorgestellt. Die Autorin Christine Fekete erhielt dafür die Prämierung ‚PostDoc Award for Scientific Excellence’.
Download der prämierten wissenschaftlichen Studienzusammenfassung (englisch)
Emotionale Belastung als Gesundheitsrisiko
Pflegebelastungen können in zwei Dimensionen unterteilt werden: Die ‚objektive Belastung‘ misst die geleisteten Pflegestunden pro Tag sowie die Anzahl der unterstützten Tätigkeiten (z.B. einkaufen, duschen, essen). Die ‚subjektive Belastung‘ hingegen beschreibt die gefühlte Belastung der Pflege, etwa wie sehr einen die Pflegetätigkeit einschränkt oder negative Emotionen auslöst.
Die Studienresultate zeigen, dass sich die subjektive oder emotionale Pflegebelastung negativ auf alle untersuchten Gesundheitsbereiche auswirkt. Pflegende Partner, die ihre Pflegetätigkeit subjektiv als belastend einstufen, berichteten von vermindertem allgemeinen Gesundheitszustand, schlechterer psychischer Gesundheit, geringerer Vitalität, mehr Einschränkungen aufgrund physischer oder psychischer Probleme, häufigeren Schlafstörungen und stärkeren Schmerzen als Personen mit geringer subjektiven Belastung.
Die objektive Pflegebelastung, also die tatsächlich geleisteten Pflegestunden oder die Summe der unterstützten Tätigkeiten, scheint jedoch keine Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben.
Gefühl der Bereicherung stärkt psychische Gesundheit
Die aktuelle Forschung zeigt, dass Pflegetätigkeiten auch eine Bereicherung für die Pflegenden sein können. Deshalb wurden die Partner der querschnittgelähmten Studienteilnehmer zusätzlich gefragt, inwiefern sie ihre Pflegetätigkeit als sinnstiftend und befriedigend wahrnehmen.
In den Ergebnissen zeigt sich, dass die Partner tatsächlich über eine bessere psychische Gesundheit berichten, wenn sie ihre pflegerische Tätigkeit als Bereicherung wahrnehmen. Bei Partnern, die in ihrer Pflegetätigkeit kaum ein sinnstiftendes und befriedigendes Moment sehen, leidet häufig die psychische Gesundheit.
Wie können pflegende Angehörige unterstützt werden?
Die Forscher empfehlen pflegenden Angehörigen, Beratungsangebote oder psychologische Unterstützung zu nutzen, wenn Sie ihre Pflegetätigkeit als belastend erleben. So können sie dazu beitragen, die emotionale Beanspruchung langfristig zu reduzieren und trotz der täglichen Pflegeaufgaben gesund zu bleiben. Auch könnte es für die psychische Gesundheit der Pflegenden wichtig sein, sich der positiven und sinnstiftenden Aspekte ihrer Pflegearbeit bewusst zu werden.
[1] Fekete C, Tough H, Siegrist J, Brinkhof M: Health impact of objective burden, subjective burden and positive aspects of caregiving: an observational study among caregivers in Switzerland. BMJ Open 2018, 22;7(12):e017369