Forschung zur Neuromodulation – Eine zukünftig bahnbrechende Methode zur Erhaltung der Blasenfunktion?
Ein SwiSCI Forschungsprojekt untersucht, ob sich eine Schädigung der Blasenfunktion durch elektrische Stimulation vermeiden lässt.
Bei einem gesunden Menschen wird die Blasenentleerung durch Nervenbahnen gesteuert, die ihren Ursprung im Gehirn und Rückenmark haben. Die Nervenbahnen reagieren eng verzahnt und sind durch eine Reihe von Reflexbögen verbunden. Kommt es zu einer Rückenmarksverletzung, wird diese feine Steuerung der Reflexe jedoch unterbrochen und es kommt zu einer Störung der Blasenfunktion. Eine SwiSCI Studie untersucht nun, ob sich die irreversible Schädigung der Blase von vornherein vermeiden lässt.
Eine „Blasenfunktionsstörung“ kann zu einem gestörten oder fehlenden Gefühl für die Blasenfüllung, zu einer fehlenden oder unvollständigen Blasenentleerung, sowie zu Harninkontinenz führen. Ohne sofortige urologische Massnahmen wird die Harnblase überdehnt und es drohen Infektionen bis hin zu Nierenversagen.
Dieses zentrale Problem greift nun ein vielversprechendes SNF-gefördertes Projekt der SwiSCI Studie auf. Unter der Leitung des Neuro-Urologen Prof. Dr. Thomas Kessler der Universitätsklinik Balgrist, in Zusammenarbeit mit den vier Paraplegikerzentren sowie der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF) untersuchen Wissenschaftler, ob sich die irreversible Schädigung der Blasenfunktion von vornherein vermeiden lässt.
Elektrische Stimulation in der Frühphase der Erstrehabilitation
In der Studie erhalten akut rückenmarksverletzte Personen über mehrere Wochen jeden Tag eine elektrische Stimulation bestimmter Nervenbahnen. Dadurch sollen, so nehmen die Wissenschaftler an, jene Reflexe erhalten bleiben, die zur korrekten Funktion von Harnblase und Schliessmuskel notwendig sind. Die Blase würde somit trotz Rückenmarksverletzung weitgehend funktionieren und betroffene Personen hätten weniger Komplikationen zu befürchten.
Ein zukünftiger Meilenstein?
Die Methode der sogenannten „Neuromodulation“ ist wissenschaftlich vielversprechend. Bisher fehlen jedoch Erkenntnisse zum Zusammenhang mit dem Läsionstyp und der Läsionshöhe, als auch zu den langfristigen Auswirkungen. Die Studie wird einen ganz wesentlichen Beitrag auf diesem Gebiet leisten: Wenn sich die Vermutung der Wissenschaftler bestätigt und sich die Neuromodulation als erfolgreich herausstellt, wäre dies ein Meilenstein in der Blasenrehabilitation Rückenmarksverletzter. Der Fokus könnte sich dann von der Behandlung einer bestehenden Funktionsstörung hin zur Prävention verschieben und so das Blasenmanagement massgeblich verändern.
Erste Studienresultate werden voraussichtlich Ende 2022 vorliegen. Im SwiSCI Newsletter halten wir Sie auf dem Laufenden!
Artikel im Magazin "Update" der Universitätsklinik Balgrist, Juli 2019